Exklusives Interview mit Markus Lanz:Selenskyj pocht im ZDF auf "starke Sicherheitsgarantien"
von Silas Thelen
Wolodymyr Selenskyj verhandelt seit Sonntag in Berlin - aktuell "Hauptstadt der Diplomatie", wie er sagt. Im ZDF-Interview spricht er darüber, wie die Verhandlungen laufen.
Im Gespräch mit Markus Lanz redet der ukrainische Präsident Selenskyj über die Verhandlungen in Berlin und darüber, was seinem Land Frieden bringen könnte.
15.12.2026 | 37:49 minIn Berlin laufen seit dem Wochenende Verhandlungen über die Zukunft der von Russland angegriffenen Ukraine. "Berlin ist die Hauptstadt der Diplomatie heute", sagt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im exklusiven Interview mit Markus Lanz am Montagnachmittag.
An verschiedenen Orten im Regierungsbezirk verhandeln seit Sonntag Vertreter der Ukraine, der USA und Europas über eine mögliche Friedenslösung. Drei Gesprächsrunden habe er geführt, so Selenskyj. Das Ziel: "Wir möchten gerne vorankommen, konstruktiv sein und uns in den Rahmendokumenten annähern, die wir schon ausgearbeitet haben."
Wir möchten ein Ergebnis erreichen.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine
Die Europäer und die USA zeigen sich bei Friedensgesprächen in Berlin solidarisch mit der Ukraine. Knackpunkte sind noch immer Territorium und Sicherheitsgarantien.
15.12.2025 | 3:09 minSelenskyj fordert "starke Sicherheitsgarantien"
Es habe Fortschritte gegeben, so Selenskyj: "Von dem Präsidenten der USA habe ich gehört, dass er den Krieg schnellstmöglich beenden möchte. Wir möchten es umso mehr - wir leben im Krieg." Im Hinblick auf eine mögliche Friedenslösung pocht Selenskyj jedoch auf Weitsicht:
Russland hat uns angegriffen. Wir möchten, dass die Verträge so sind, dass Russland sie nicht verletzen kann.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine
Dafür sei es für die Ukraine wichtig, "ganz starke Sicherheitsgarantien" zu erhalten. Dies hänge insbesondere auch von den europäischen Partnern ab, so der ukrainische Präsident.
Der ZDF-Jahresrückblick mit Markus Lanz am Mittwoch, 17. Dezember, ab 20.15 Uhr.
15.12.2025 | 0:20 minAm Mittwoch, 17. Dezember um 20:15 Uhr schaut Markus Lanz im ZDF gemeinsam mit prominenten und nicht-prominenten Gästen auf ein ereignisreiches Jahr 2025 zurück.
Dabei werden Menschen und ihre Geschichten in den Fokus gerückt, um zu erklären und zu hinterfragen, was in Gesellschaft, Politik, Film, Musik und Sport bewegt hat. Zu Gast sind unter anderem Vizekanzler Lars Klingbeil, die Präsidentin der Generalversammlung der Vereinten Nationen, Annalena Baerbock, Frauke Brosius-Gersdorf, Herbert Grönemeyer und der deutsche Basketball-Kapitän Dennis Schröder.
Selenskyj dankt Vertretern der USA
Selenskyj würdigt die Rolle der US-amerikanischen Vertreter bei den Gesprächen in Berlin: "Die Amerikaner sind heute ein Vermittler. Sie bemühen sich, uns Kompromisse anzubieten. Klar haben wir schon vieles ausgearbeitet dank Amerika. Dafür danke ich ihnen." Beim zentralen Thema der Gebietsfragen jedoch gibt es offenbar noch Verhandlungsbedarf, wie Selenskyj andeutet:
Aber es gibt noch territoriale Themen - sehr schmerzhafte.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine
Bereits am Sonntag war Selenskyj im Kanzleramt in Berlin mit dem US-Sondergesandten Steve Witkoff und dem Berater und Schwiegersohn von US-Präsident Donald Trump, Jared Kushner, zusammengekommen. Am Montag wurden die Gespräche fortgesetzt.
Was bei den Ukraine-Verhandlungen heute erreicht wurde, berichten die ZDF-Korrespondenten Wulf Schmiese aus Berlin, Armin Coerper aus Moskau und Claudia Bates aus Washington.
15.12.2025 | 4:43 minRingen um einen Friedensplan
Kern der Gespräche in Berlin ist die Suche nach einer Friedenslösung für den Krieg in der Ukraine. Kiew sieht dafür einen 20-Punkte-Plan vor, der auf einen Waffenstillstand hinarbeiten soll. Ein ursprünglich von Donald Trump erarbeiteter Plan war zunächst als zu Moskau-freundlich kritisiert worden.
Als kritische Punkte in den Verhandlungen gelten die Frage nach Sicherheitsgarantien, die Zukunft des Donbass im Osten der Ukraine sowie ein potenzieller Nato-Beitritt des 2022 von Russland angegriffenen Landes.
Selenskyj: "Das ist unser Land"
Bei der Frage nach Gebietsabtretungen an Russland zeigt sich Selenskyj unnachgiebig: "Ich bin kein Eigentürmer einer Wohnung, ich bin ein Präsident eines Landes. Und das ist unser Land. Von unserer Generation, unseren Vorfahren und der Generation, die nach uns kommt." Selenskyj sprach von "kurzzeitig besetzten Gebieten".
Russlands Streitkräfte schätzt er derzeit als geschwächt ein: "Sie [die Russen] haben keine Kraft mehr, diese Gebiete vollständig zu erobern und bemühen sich, die Frage anders zu lösen."
Für eine Volksabstimmung zur Abgabe der besetzten Gebiete an Russland fehle die juristische Grundlage, so der Präsident: "Das kann einfach nicht durchgeführt werden." Eine von ihm initiierte Volksabstimmung sei nicht von der Verfassung gedeckt.
Das ist nicht die Frage, ob ich das zulasse oder nicht.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine
"Europa muss sich darauf einstellen, dass es mittlerweile sicherheitspolitisch alleine ist", so Militärexperte Christian Mölling.
15.12.2025 | 3:54 minSelenskyj: Russland sieht Ukraine nicht als "unabhängige Nation"
Der Krieg dauere nicht deshalb weiter an, weil die Ukraine besetzte Gebiete nicht als russisch anerkenne, so Selenskyj. "Putin hat ganz andere Ziele." Es gehe ihm um die Unabhängigkeit und Souveränität der Ukraine: "Die Entwicklung einer unabhängigen Ukraine ist für die Russen ein Widerspruch zu deren Konzeption. Zu der Konzeption der Entwicklung der russischen Föderation."
Sie sehen uns nicht als unabhängiges Volk und als unabhängige Nation.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine
Eine Anerkennung besetzter Gebiete, beispielsweise der Halbinsel Krim, sei kein Grundstein für einen langfristigen Frieden, deutet Selenskyj an:
Dann sind sie zwei, drei, fünf Monate zufrieden - und dann kommen irgendwelche anderen Gründe oder andere Länder, die sie in das eigene Imperium einschließen.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine
Selenskyj: "Ein Beispiel in schlechten Zeiten"
Als Russland 2022 die Ukraine angriff, verzichtete Selenskyj auf die Flucht aus dem Land. "Wie kann der Präsident anders handeln", so Selenskyj auf die Frage von Markus Lanz, warum er das tat. "Ich kann es mir nicht vorstellen, dass das Staatsoberhaupt - gewählt vom Volk - anders reagiert."
Du bist ein Beispiel - nicht in guten Zeiten, du musst ein Beispiel in schlechten Zeiten für das eigene Volk sein.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine
Das Interview führte Markus Lanz. Autor der Zusammenfassung ist ZDFheute-Redakteur Silas Thelen.
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